Sachverständigenrat für Umweltfragen

Klimaschutz muss Priorität behalten

Datum 05.10.2005

Der SRU fordert die neu zu bildende Bundesregierung auf, die seit 1990 parteiübergreifend verfolgte deutsche Vorreiterrolle im Klimaschutz beizubehalten und auszubauen. Er wendet sich damit gegen Forderungen nach einem Kurswechsel in der Klimapolitik, die verschiedene Wirtschaftsverbände erhoben haben. Eine Verringerung der diesbezüglichen Anstrengungen steht nicht nur in offensichtlichem Widerspruch zu neuen Erkenntnissen der Klimaforschung. Sie ist für den SRU auch im Hinblick auf den Wirtschaftsstandort Deutschland problematisch, denn sie ignoriert Innovationsprozesse, die für klimafreundliche Technologien erhebliche Chancen eröffnen.

Deutschland hat 1990 eine breit akzeptierte anspruchsvolle Klimapolitik frühzeitig eingeleitet und international maßgeblich beeinflusst. Deutschland hat weltweit den stärksten Rückgang von Treibhausgasen erreicht (18,5 % bis 2003) und beginnt - angesichts des starken Exports etwa bei erneuerbaren Energien wirtschaftlich die Früchte zu ernten.

Die Ziele der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und des Klimaschutzes bilden keinen Gegensatz. Im Zeichen hoher Energiepreise stützt die Förderung von Energieeffizienz die Ziele der Wachstums und Beschäftigungspolitik. Die gezielte Steigerung der Energieeffizienz bildet daher die gemeinsame strategische Stoßrichtung von Klimaschutz und Wirtschaftspolitik.

Der SRU verweist in seiner Stellungnahme auf wichtige wirtschaftliche Trends:

Führende weltweit agierende Konzerne haben Energieeffizienz und klimagerechtere Verfahren als strategisches Geschäftsfeld entdeckt.

  • Die geplante Erneuerung des Kraftwerksparks in den meisten EU15Ländern zeigt einen Wandel weg von der klimaschädlichen Kohle hin zu modernen GuDKraftwerken und erneuerbaren Energien.
  • Ohne die Anstrengungen zur Energieeinsparung und zum Klimaschutz der letzten Jahrzehnte wären der Energieverbrauch um 60 % und die CO2Emissionen um 50 % höher, als sie es tatsächlich sind.
  • Die Finanz und Versicherungswirtschaft verweist auf die extrem anwachsenden Schadensrisiken des Klimawandels.
  • Es gibt einen zunehmenden Innovationswettbewerb um sparsame Autos, Elektrogeräte, effiziente Energieumwandlung und erneuerbare Energien, dem sich die hochentwickelten Länder nicht entziehen können. Auch die neue EUStrategie zur Energieeffizienz (und deren Einbettung in den "LissabonProzess") ist von diesem Wandel geprägt.

Der SRU sieht daher keinen Anlass, das Tempo der deutschen Klimapolitik zu verlangsamen und oder die zielorientierte Klimapolitik im Sinne des KyotoProtokolls aufzugeben. Anspruchsvolle Ziele sind für klimafreundliche Innovationen wichtig. Sie sind ohne Pionierrollen nicht zu erreichen.

Die entscheidende Herausforderung für die Bundesregierung ist also die Formulierung langfristig kalkulierbarer internationaler Zielvorgaben für 2020 und 2050. Der SRU erachtet die vom Umweltministerrat der EU vorgeschlagenen Ziele für die Verringerung klimaschädlicher Treibhausgase (2020: 15 30 %, 2050: 60 80 %) als unerlässlich.

Für die weitere nationale Klimapolitik wie für die wirtschaftliche Modernisierung insgesamt stehen folgende Aufgaben auf der Tagesordnung:

  • Die Stromversorgung weist seit 1999 einen Wiederanstieg der CO2Emissionen auf. Hier ist insbesondere eine strenge Begrenzung der Emissionsrechte in der nächsten Zuteilungsperiode des Emissionshandels (2007 2012) geboten
  • Bei der KraftWärmeKopplung hat die bisherige Vereinbarung zwischen Bundesregierung und deutscher Wirtschaft ihr Ziel verfehlt; sie muss dringend nachgebessert werden.
  • Bei der Gebäudewärme sind weiterhin erhebliche Potentiale zu erschließen. Dazu müssen Fördermaßnahmen und Anreize effektiver ausgestaltet werden.
  • Den sparsamen Treibstoffverbrauch von PKW hat die deutsche Autoindustrie nach respektablen Anfangserfolgen offenbar wieder aus den Augen verloren: Die neue Bundesregierung sollte sich auf der EU Ebene für das 4lAuto (100 g CO2/km als Durchschnitt für Neuwagen) und entsprechende verbindliche Instrumentarien einsetzen.

Download:
Stellungnahme „Kontinuität in der Klimapolitik – Kyoto Protokoll als Chance"

Weitere Informationen erhalten Sie bei Dr. Christian Hey, Tel.: 2636960.

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