Europäische Meeresschutzstrategie: Rückzug aus der europäischen Verantwortung?
Umweltrat kritisiert den Vorschlag der Europäischen Kommission
Datum 17.05.2006
In seinem Kommentar zur Umweltpolitik bewertet der SRU den Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Europäische Meeresschutzstrategie vom 24. Oktober 2005 als einen Rückzug aus der europäischen Verantwortung für den Meeresschutz. Mit ihrem Entwurf liefert die Kommission eine insgesamt unzulängliche "Umweltsäule" für die zum Juni 2006 erwartete wirtschaftspolitische Strategie zur Nutzung der Meere. So fehlt es an einem Konzept für den Umgang mit den wichtigsten Belastungsquellen der Meere. Auch die dringend erforderliche Novellierung wichtiger Umweltrichtlinien und die Umsetzung der anspruchsvollen Ziele der internationalen Meeresschutzabkommen gerät aus dem Blickfeld.
Europäische Politiken, die einen maßgeblichen Einfluss auf den Zustand der Meere haben – wie die Fischerei-, Landwirtschafts- und Verkehrspolitik – werden von der Strategie vollständig ausgeklammert. Gerade diese Sektoren haben aber auch nach Einschätzung der Kommission einen erheblichen Anteil an den Belastungen der Meeresökosysteme. Probleme wie die Überfischung der europäischen Meere, die hohen Stickstoffeinträge aus der Landwirtschaft und die Ölverunreinigungen sowie Schwefel- und Stickstoffoxidemissionen durch
die Seeschifffahrt bleiben weitgehend ungelöst.
Die Chance einer Verknüpfung der EU-Meeressschutzstrategie mit europäischen Richtlinien wie der Wasserrahmenrichtlinie, der Nitratrichtlinie und der Kommunalabwasserrichtlinie, die dem Schutz des Inland-Süßwassers dienen und die somit auch den Meeresschutz betreffen, wird nicht genutzt. Im Unklaren bleibt auch, wie die EU die Umsetzung der teilweise sehr anspruchsvollen Ziele der internationalen Meeresschutzabkommen OSPAR und HELCOM sicherstellen will.
Letztlich beschränkt sich die Kommission in ihrer Strategie auf einen Vorschlag für eine Richtlinie, die den Mitgliedstaaten die Hauptverantwortung für die Lösung der vorstehend aufgezeigten Probleme zuweist. Mit nationalen Schutzkonzepten, wie sie die Meeresstrategie-Richtlinie vorsieht, werden sich die Defizite der europäischen Programme und Regelungen jedoch kaum bewältigen lassen.
Der SRU empfiehlt der Bundesregierung sich dafür einzusetzen, dass die EU-Meeressschutzstrategie aktiv
- zur Fortentwicklung der Europäischen Agrar,- Fischerei- und Verkehrspolitik im Hinblick auf die Erfordernisse des Meeresumweltschutzes,
- zur Anpassung des bestehenden EU-Umweltrechts an die
Erfordernisse des Meeresumweltschutzes und - zur Umsetzung der bereits vereinbarten Ziele und Maßnahmen
der internationalen Konventionen und der dort erarbeiteten Programme
genutzt wird.
Darüber hinaus ist ein realistischer Zeitplan zu entwickeln, mit dem es gelingt, bis 2021 den angestrebten guten Umweltstatus in den europäischen Meeren zu erreichen.
Download:
Kommentar zur Umwelt Nr. 5 „Europäische Meeresschutzstrategie: Rückzug aus der europäischen Verantwortung? Umweltrat kritisiert den Vorschlag der Europäischen Kommission“
Download:
Comment on Environment Policy No. 5 The European Commission Proposal for a Marine Strategy: Shying European Responsibility?
Weitere Informationen erhalten sie bei Dr. Christian Hey, Tel. (030) 263696-0.
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